„Frauenfeindlichkeit am Arbeitsplatz geht vor allem von Männern aus.“
DIE WAHRHEIT HINTER DEM BELIEBTEN IRRTUM:
Der vorangegangene Eintrag dieses Lexikons hat sich vor allem mit Vorgesetzten beschäftigt. Aber wie sieht es mit Kollegen aus, die auf derselben Ebene zusammenarbeiten? Werden dort Frauen vor allem von Männern gemobbt, die unter sich bleiben möchten?
Um das herauszufinden, ließ Allison Gabriel, Professorin für Management und Organisationen an der Universität von Arizona, drei Studien durchführen, bei denen vollzeitbeschäftigte Männer und Frauen Fragen über Unhöflichkeit beantworteten, die sie bei der Arbeit im Monat zuvor erlebt hatten: herablassendes Verhalten, abfällige Bemerkungen, das Ignorieren in einer Sitzung oder ein Ansprechen auf unprofessionelle Weise. Jede Frage wurde sowohl hinsichtlich des Verhaltens von weiblichen als auch hinsichtlich des Verhaltens von männlichen Kollegen beantwortet.
„In allen drei Studien fanden wir übereinstimmende Beweise dafür, dass Frauen über ein höheres Maß an Unhöflichkeit von anderen Frauen als von ihren männlichen Kollegen berichten“, sagte Gabriel. „Mit anderen Worten, Frauen sind unhöflicher zueinander als zu Männern, oder als Männer gegenüber Frauen.“ [1] Der Wirtschaftsexperte Robert Sutton gelangte anhand verschiedener Untersuchungen ebenfalls zu der Erkenntnis, „dass Mobbing und psychische Misshandlung vorwiegend innerhalb der Geschlechtergrenzen stattfinden, sprich dass Männer eher Männer und Frauen eher Frauen mobben. Laut einer Internetumfrage des Workplace Bullying and Trauma Institute wurden 63 Prozent der betroffenen Frauen von anderen Frauen und 62 Prozent der betroffenen Männer von anderen Männern gemobbt.“ [2] Bisher hatte man beobachtet, dass Mobbing zurückging, sobald mehr Frauen in eine bisherige Männerdomäne einzogen; weshalb pro-feministische Forscher davon sprachen, dass Frauen die Männer „zivilisieren“ würden – so als ob das weibliche Geschlecht weiter entwickelt oder moralisch höherwertig wäre. Nach den vorliegenden Analysen hingegen kann man davon ausgehen, dass Männer, die in eine Frauendomäne einrücken, einen ähnlich positiven Effekt ausüben: Sie sind Sand im Getriebe der Zickenkriege und der Stutenbissigkeit.
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[1] Vgl. Gabriel, Allison und andere: Further understanding incivility in the workplace: The effects of gender, agency, and communion. In: Journal of Applied Psychology Nr. 4/2018, S. 362-382, online unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29239641 sowie N.N.: Is the ‘Queen Bee Syndrome’ getting worse? Online seit dem 15.2.2018 unter https://azbigmedia.com/queen-bee-syndrome-getting-worse.
[2] Vgl. Sutton, Robert: Der Arschloch-Faktor. Hanser Wirtschaft 2006.