Lexikon der feministischen Irrtümer

Politisch korrekte Vorurteile und männerfeindliche Mythen auf dem Prüfstand der Wissenschaft

von Arne Hoffmann

„Die Frauenquote ist eine geeignete Maßnahme, um die Karriere vieler kompetenter Frauen anzustoßen.“

DIE WAHRHEIT HINTER DEM BELIEBTEN IRRTUM:

Als der Deutsche Bundestag am 6. März 2015 ein Gesetz zur Frauenquote verabschiedete, titelten die Websites der Tagesschau (ARD) wie RTL einheitlich: „Meilenstein oder Feigenblatt?“ Das neue Gesetz war demnach entweder der ganz große Wurf in der Emanzipation oder ging noch lange nicht weit genug. Menschen hingegen, denen dieses Gesetz zu weit ging, erkannte Florentine Fritzen zwei Tage später in der Frankfurter Allgemeinen, wurden niedergewalzt: „So dass alle, die die Sache anders oder differenzierter sehen, lieber die Klappe halten.“ [1] Vor allem unsere Leitmedien erwecken mehrheitlich den Eindruck, nur Hinterwäldler könnten sich gegen eine solche Maßnahme aussprechen und die einzigen Gründe dafür seien in einer seelisch tief verankerten Frauenfeindlichkeit zu suchen.

Tatsächlich aber gibt es nach wie vor derart viele und reichhaltige Argumente gegen die Frauenquote, dass dazu ein kompletter Forschungsband von Autoren und Autorinnen der verschiedensten Fachrichtungen vorliegt. [2] Dieses Kapitel hier beschränkt sich auf die Fehlannahme, dass die Frauenquote gut geeignet wäre, um Frauen bei ihrer beruflichen Karriere zu helfen.

Im Jahr 2013 erklärte Norwegens Premierministerin Erna Solberg, dass eben jene Quote, die auch für Deutschland ein Vorbild wurde, zu keinerlei spürbaren Verbesserungen geführt hatte. Keines der 25 größten Unternehmen der Osloer Börse hat eine weibliche Geschäftsführerin, und nur eines eine Frau als Finanzchefin. Darüber hinaus war die Kompetenz mehrerer Firmenvorstände zurückgegangen, nachdem dort unerfahrene Frauen installiert werden mussten, um die Quote zu erfüllen. [3]

Ähnliches berichtete Bettina Weiguny am 12. Februar 2015 in der Frankfurter Allgemeinen über die Situation in Deutschland. Wenn Frauen aufgrund geschlechterpolitischen Zwangs in Führungspositionen gehievt wurden, scheitern sie dort häufig: „Von 17 weiblichen Dax-Vorständen sind acht nach nicht einmal der Hälfte der Amtszeit gegangen. Im Schnitt gilt: Während Frauen nach knapp drei Jahren abtreten, halten sich Männer ganze acht Jahre in Amt und Würden.“ [4] Der erhoffte positive Effekt der Quote bleibt aus, stattdessen entsteht wachsende Aufmerksamkeit für das Versagen überforderter Frauen. Den Mythos, es gäbe scharenweise geeignete Frauen, die nur darauf warten, in Aufsichtsräte berufen zu werden und deshalb durch Quoten auch berufen werden sollten, hatte zwei Jahre vor diesem Artikel bereits eine Studie von vier Wissenschaftlern unter Leitung des Professors for Finance an der Fachhochschule Frankfurt, Christian Rieck, widerlegt. [5]

Aus diesen Gründen können Frauen, die per Quote ins Management einer Firma aufgerückt sind, auch nicht als Vorbilder für Mitarbeiterinnen wirken, die weiter unten in der Rangordnung des betreffenden Unternehmens stehen. Wie das Forscherteam um die Sozialpsychologin  Cheryl Taylor herausfand, hat eine Frau, die als Vorbild dienen könnte, auf die Leistung ihrer Geschlechtsgenossinnen nämlich nur dann einen positiven Einfluss, wenn diese glauben, dass die Frau ihren Erfolg durch ihre Fähigkeiten verdient hat. Dieser Effekt bleibt aus, ja, wird sogar zu einem negativen Effekt, wenn der Erfolg unverdient erscheint. [6]

Die Auswirkungen einer Frauenquote sind jedoch noch verheerender: Sobald ein Unternehmen eine solche Quote zur Anwendung bringt, um damit mehr Frauen als Angestellte zu gewinnen, vertreibt es stattdessen sowohl weibliche als auch männliche Bewerber. Das ermittelten im Jahr 2014 die Wirtschaftswissenschaftler Professor Meir Shemla und Anja Kreienberg von der Rotterdam School of Management. Sie legten weiblichen und männlichen Teilnehmern ihrer Studie zwei verschiedene Stellenangebote vor.  Das erste erklärte, dass das fragliche Unternehmen für Gender Diversity eintrat und damit 40 Prozent der Führungspositionen – insbesondere im Management und im Aufsichtsrat – für Frauen reserviert hatte. Die zweite Stellenausschreibung enthielt weder Informationen über die Geschlechterdiversität noch über eine Quote. Im Vergleich zeigte sich, dass nicht nur jeder vierte Mann weniger wahrscheinlich einen Job in der Firma mit einer Geschlechterquote anstrebte, sondern auch 13 Prozent der Frauen angaben, dass sie sich weniger wahrscheinlich bei einer Firma bewerben würden, in der die geschilderte Geschlechterpolitik Praxis war.

Im Wirtschaftsmagazin Forbes erklären Shemla und Kreienberg die Hintergründe dieser Forschungserkenntnisse:

„Fast 70% unserer Befragten – davon 52% Frauen und 48% Männer – gaben an, dass die Geschlechterquote für sie im Allgemeinen unattraktiv sei. Warum? Die Befragten stellten fest, dass eine Geschlechterquote die Bedeutung ihrer persönlichen Verdienste negiert und zu unbeabsichtigten Konsequenzen führt. Erstens, wenn eine Stelle in Anwesenheit einer Geschlechterquote angeboten wird, schrieben weibliche Befragte ihren Erfolg um 18 Prozent eher der Vorzugsbehandlung als ihrer eigenen Leistung zu. Zweitens, als einer anderen Frau eine Stelle anstelle des Befragten in der Firma mit der Geschlechterquote angeboten wurde, stigmatisierten die weiblichen Befragten zu 20% und die männlichen Befragten zu 29%  diese Frau eher als inkompetent, indem sie ihren Erfolg auf ihr Geschlecht und die Vorzugsbehandlung anstatt auf ihre Leistung zurückführten. Schließlich waren weibliche und männliche Befragte der Ansicht, dass die Werte eines Unternehmens, das eine Geschlechterquote einsetzt, weniger in ihr Werte- und Glaubenssystem passen, da Leistung anscheinend eine geringere Rolle bei der Einstellungsentscheidung spielten als das Geschlecht. Angesichts des Stigmas, das mit der Quote verbunden ist, und der Personen, die im Rahmen einer Quote eingestellt wurden, ist es kein Wunder, dass Quoten negative Auswirkungen haben, wenn sie genau das Talent vertreiben, das sie anziehen sollten.“ [7]

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[1] Vgl. Fritzen, Florentine: Die Quotenwalze. In: Frankfurter Allgemeine vom 8.3.2015. Online unter http://www.faz.net/aktuell/politik/frauenfoerderung-die-quotenwalze-13470099.html.

[2] Vgl. Schulze-Eisentraut, Harald und andere (Hrsg.) Die Quotenfalle. Warum Genderpolitik in die Irre führt. FinanzBuch Verlag 2017

[3] Vgl. N.N.: Quota system failing to bridge Norway’s corporate gender gap. Online seit dem 9.10.2013 unter http://business.financialpost.com/executive/executive-women/quota-system-failing-to-bridge-norways-corporate-gender-gap.

[4] Vgl. Weiguny, Bettina: Gescheiterte Vorstandsfrauen. Wurden sie in die Falle gelockt? In: Frankfurter Allgemeine vom 12.2.2015, online unter http://www.faz.net/aktuell/beruf-chance/beruf/frauen-im-vorstand-scheitern-haeufiger-als-maenner-13415920.html.

[5] Vgl. Klein, Michael: Fiktion und Fakt: Einmal mehr erweist sich die Frauenquoten-Saga als Lüge. Online seit dem 3.1.2013 unter https://sciencefiles.org/2013/01/03/fiktion-und-fakt-einmal-mehr-erweist-sich-die-frauenquoten-saga-als-luge/

[6] Vgl. Taylor, Cheryl und andere: The Hillary Clinton effect: When the same role model inspires or fails to inspire improved performance under stereotype threat. In: Group Processes & Intergroup Relations Vol. 14, Nr. 4/2011, S. 447-456, online unter http://journals.sagepub.com/doi/10.1177/1368430210382680.

[7] Vgl. Shemla, Meir und Kreienberg, Anja: Gender Quotas in Hiring Drive Away Both Women and Men. In: Forbes vom 16.10.2014. Online unter http://www.forbes.com/sites/datafreaks/2014/10/16/gender-quotas-in-hiring-drive-away-both-women-and-men.