Lexikon der feministischen Irrtümer

Politisch korrekte Vorurteile und männerfeindliche Mythen auf dem Prüfstand der Wissenschaft

von Arne Hoffmann

„Frauen werden in den politischen Parteien diskriminiert.“

DIE WAHRHEIT HINTER DEM BELIEBTEN IRRTUM:

Schaut man sich an, wie viele Abgeordnete der Bundestagsparteien weiblich sind, ist die Vorstellung nachvollziehbar, dass einige dieser Parteien Frauen benachteiligen. Feministisch korrekt sieht es bei den Grünen aus, dort sind 58 Prozent der Abgeordneten weiblich. Bei der Linken sind es immerhin 54 Prozent. Die Sozialdemokraten hingegen bringen es nur auf 42 Prozent Frauen unter den Abgeordneten, die FDP auf 22,5 Prozent, die Union auf 20 Prozent und die AfD auf gerade einmal 10,6 Prozent. [1]

Den Eindruck der Diskriminierung gewinnt man indes nur, wenn man den Anteil der weiblichen Abgeordneten mit dem Anteil der Frauen in der Gesamtbevölkerung vergleicht. Aber warum sollte man so etwas Absurdes tun? Wir fragen zum Beispiel auch nicht, ob der Anteil von Handwerkern unter den Abgeordneten dem Anteil der Handwerker in der Bevölkerung entspricht. Die relevante Bezugsgröße um Diskriminierung zu ermitteln, kann doch nur der Frauenanteil in der jeweiligen Partei sein, um ihn dann mit dem Anteil der Frauen unter den Bundestagsabgeordneten zu vergleichen. Nur so findet man heraus, ob hier sexistisch gesiebt wird.

Schauen wir uns die entsprechenden Zahlen von Ende 2016 an, also dem Jahr vor der letzten Bundestagswahl, und vergleichen: 39 Prozent der Parteimitglieder der Grünen sind Frauen, deren Abgeordnete sind aber, wie wir gerade gehört haben, zu 58 Prozent weiblich. Wenn es hier eine geschlechtsspezifische Benachteiligung gibt, dann trifft sie nicht die Frauen. Bei den Linken sind 36,9 Prozent der Mitglieder weiblich. Auch hier muss man die Männer diskriminieren, um bei den Abgeordneten auf 54 Prozent an Frauen zu kommen. Ähnlich sieht es bei der SPD aus: Nur 32,2 Prozent der Mitglieder, aber volle 42 Prozent der Abgeordneten sind weiblich. Erst bei den Unionsparteien (CDU: 26,1 Prozent, CSU: 20,3 Prozent weibliche Mitglieder) sowie der AfD (16 Prozent Frauen) verkehrt sich das Gefälle um einige wenige Prozent zu Gunsten der Männer.

Und bei welcher Partei stimmt das Verhältnis der Frauen unter den Mitgliedern (22,6 Prozent) und den Abgeordneten (22,5 Prozent) fast exakt überein, womit sie Spitzenreiter darin ist, keines der beiden Geschlechter zu benachteiligen? Es ist die von feministischen Blättern gerne als „Herrenpartei“ bemäkelte FDP. [2]

Wenige Frauen treten in Parteien ein – wenn sie sich engagieren, haben sie mehr Erfolg als Männer“ erkannte so auch im April 2019 die Frankfurter Allgemeine. Die Zeitung berichtet:

„Eine Gruppe von Politikwissenschaftlern des Berliner Instituts für Parlamentarismusforschung hat in einer Studie nachgewiesen, dass die Parteien mitnichten Frauen in ihrer politischen Karriere benachteiligen, wie oft behauptet wird. Vielmehr sei sogar das Gegenteil der Fall. Auf die Frage, warum Frauen dennoch in den Parlamenten zahlenmäßig unterrepräsentiert sind, haben die Wissenschaftler eine klare Antwort: Selbstselektion.“ [3]

Das Team um Professorin Suzanne Schüttemeyer hatte vor der Bundestagswahl 2017 Dutzende Veranstaltungen aller großen Parteien bundesweit besucht und in 104 Wahlkreisen untersucht, wer kandidierte und wer daraufhin gewählt wurde. Rechnete man die so gewonnenen Zahlen hoch, zeigte sich: Es sitzen allein deshalb vergleichsweise wenige Frauen in den Parlamenten, weil Frauen deutlich seltener als Männer in eine Partei eintreten. Die These einer strukturellen Benachteiligung von Frauen in den Parteiapparaten, stellt die Frankfurter Allgemeine fest, „kann der Studie zufolge als widerlegt gelten“. Stattdessen gebe es, wie Schüttemeyers Mitarbeiter Benjamin Höhne feststellt, tendenziell sogar eine „positive Diskriminierung“, also Bevorzugung, von Frauen. [4]

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[1] Vgl. Baum, Carla: Diese Fraktionen haben den geringsten Frauenanteil. In: Die Welt vom 27.9.2017, online unter https://www.welt.de/politik/deutschland/article169078778/Diese-Fraktionen-haben-den-geringsten-Frauenanteil.html.

[2] Vgl. die Statistik „Anteil der Frauen an den Mitgliedern der politischen Parteien in Deutschland am 31. Dezember 2016 online unter https://de.statista.com/statistik/daten/studie/192247/umfrage/frauenanteil-in-den-politischen-parteien.

[3] Vgl. Becker, Kim Björn: Plötzlich Kanidatin. In: Frankfurter Allgemeine vom 10.4.2019, online unter https://edition.faz.net/faz-edition/politik/2019-04-10/95ecbeabe751259d86644b18f7556d20/?GEPC=s3.

[4] Vgl. Becker, Kim Björn: Plötzlich Kanidatin. In: Frankfurter Allgemeine vom 10.4.2019, online unter https://edition.faz.net/faz-edition/politik/2019-04-10/95ecbeabe751259d86644b18f7556d20/?GEPC=s3.