Lexikon der feministischen Irrtümer

Politisch korrekte Vorurteile und männerfeindliche Mythen auf dem Prüfstand der Wissenschaft

von Arne Hoffmann

„Männer verurteilen sexuell besonders aktive Frauen als Schlampen.“

DIE WAHRHEIT HINTER DEM BELIEBTEN IRRTUM:

Als „Slut Shaming“ bezeichnen es Feministinnen, wenn Frauen für offenherzige Kleidung und ein Verhalten, das sie sexuell leicht zugänglich erscheinen lässt, als „Schlampen“ abgekanzelt und beschämt werden. Während für Kerle ein aktives Sexualleben Beweis ihrer Männlichkeit sei, werteten sie Frauen, die sich ebenso verhielten, massiv ab. [1] Deshalb müsse ihnen endlich klar gemacht werden, dass Frauen sich kleiden können, wie sie wollen, ohne sich deswegen fiese Kommentare anhören zu müssen. [2]

Diese Forderung an sich erscheint absolut sinnvoll, fragwürdig ist nur der Empfänger, an den sie gerichtet ist. Tatsächlich gelangten die weltweit renommierten Psychologen Roy Baumeister und Jean Twenge zu dem Befund, dass die geschilderte Abwertung vor allem vom weiblichen Geschlecht ausgeht: „Die vorliegenden Hinweise begünstigen die Ansicht, dass Frauen daran gearbeitet haben, die Sexualität anderer Frauen zu ersticken, weil Sexualität eine begrenzte Ressource ist, die Frauen benutzen, um mit Männern zu verhandeln, und die Knappheit dieser Ressource Frauen einen Vorteil verschafft.“ [3]

Dies lässt sich auch experimentell belegen. So ließ die kanadische Professorin für Psychologie Tracy Vaillancourt Studentinnen für eine Untersuchung in Paaren zusammenfinden und deren Gespräch dann durch andere Frauen unterbrechen. Die Hälfte der Teilnehmer wurden von einer dünnen, blonden, attraktiven Frau mit einem Haardutt unterbrochen, die in ein blaues T-Shirt und eine Khakihose gekleidet war, also insgesamt eher bieder wirkte. Bei der anderen Hälfte wurde der Störenfried von einer Frau mit tief ausgeschnittener Bluse, kurzem  schwarzen Rock und Stiefeln unterbrochen, die ihr Haar offen trug.

Nun achtete Tracy Vaillancourt bei ihren Versuchspersonen auf Signale wie Augen-Verdrehen, ein abschätziges Mustern der neu Hinzugekommen von oben bis unten oder ein sarkastisches Lachen. Solche Reaktionen erntete vor allem die erotisch ansprechender gestylte Frau. Eine Versuchsteilnehmerin unterstellte ihr etwa, auf Sex mit einem Professor aus zu sein, eine andere rief „Was zur Hölle war das?!“ noch bevor die aufreizender gekleidete Frau den Raum verlassen hatte. [4]

Auch der Psychologe David Buss von der University of Texas hatte ermittelt, dass Frauen eher als Männer dazu neigten, ihre Rivalinnen in zweifacher Hinsicht zu verunglimpfen: Entweder wurden sie in Klatsch und Tratsch als Schlampe dargestellt oder aber als abstoßend hässlich. [5]

In einem neueren Experiment ermittelten die Soziologinnen Elizabeth Armstrong und Laura Hamilton einen überraschenden Hintergrund für die Neigung mancher Frauen, andere Frauen als Schlampen darzustellen: Insbesondere Frauen aus einer höheren gesellschaftlichen Schicht werten demnach Frauen aus einer niedrigeren Schicht als „Schlampen“ ab, um sich selbst als stilvoll und die ärmeren Frauen als „billig“ darzustellen, wodurch sie diesen Frauen das Eindringen in die höhergestellte Gruppe verwehren. [6] „Frauen nur als Opfer sexueller Dominanz der Männer zu betrachten“, erklärt Armstrong, „raubt Frauen die Verantwortung für die Rollen, die sie spielen, um soziale Ungleichheit aufrechtzuerhalten. Frauen, die sich beim Slut-Shaming beteiligen, schaffen an der Spitze mehr Raum für ihre eigenen sexuellen Experimente – auf Kosten von Frauen am unteren Ende der sozialen Hierarchie.“ [7]

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[1] Vgl. Barnes, James: New Study Proves That Men Don’t Slut Shame, Rich Women Do. Online seit dem 17.9.2014 unter https://thoughtcatalog.com/james-b-barnes/2014/09/new-study-proves-that-men-dont-slut-shame-rich-women-do.

[2] Vgl. als beispielhafte Zurechtweisung an Männer den Artikel „How not to be a sexist jerk on Halloween: No slut-shaming or offensive costumes“ von Marie Solis in Newsweek vom 31.10.2017 unter http://www.newsweek.com/how-not-be-sexist-jerk-halloween-696433.

[3] Vgl. Baumeister, Roy und Twenge, Jean: Cultural Suppression of Female Sexuality. In: Review of General Psychology Vol. 6/2002, No. 2, S. 166 – 203, online unter http://www.femininebeauty.info/suppression.pdf.

[4] Vgl. Khazan, Olga: The Evolution of Bitchiness. In: The Atlantic vom 20.11.2013. Online unter https://www.theatlantic.com/health/archive/2013/11/the-evolution-of-bitchiness/281657.

[5] Vgl. ebenda.

[6] Vgl. Armstrong, Elizabeth und andere: Good Girls: Gender, Social Class, and Slut Discourse on Campus. In: Social Psychology Quarterly, 77 (2) 2014, S. 100-122, online unter http://journals.sagepub.com/doi/10.1177/0190272514521220.

[7] Vgl. Barnes, James: New Study Proves That Men Don’t Slut Shame, Rich Women Do. Online seit dem 17.9.2014 unter https://thoughtcatalog.com/james-b-barnes/2014/09/new-study-proves-that-men-dont-slut-shame-rich-women-do.