Lexikon der feministischen Irrtümer

Politisch korrekte Vorurteile und männerfeindliche Mythen auf dem Prüfstand der Wissenschaft

von Arne Hoffmann

„Vor allem Männer tun sich mit weiblichen Vorgesetzten schwer.“

DIE WAHRHEIT HINTER DEM BELIEBTEN IRRTUM:

Männer hätten Schwierigkeiten, für Frauen zu arbeiten. Sie täten sich mit weiblichen Führungskräften generell nicht leicht. Deshalb etablierten sie ihre Seilschaften, in denen sich die „buddys“ desselben Geschlechts nur gegenseitig fördern. So lautet die feministische Theorie, die oft mit einer Selbstsicherheit verkündet wird, als ob sie längst bewiesen wäre und es jetzt nur noch darum ginge, die richtige Gegenstrategie gegen dieses Denken der Männer zu entwickeln. Mehr Frauen in Führungspositionen, die dann wieder andere Frauen fördern (in diesem Fall natürlich durch „Netzwerke“ statt durch „Seilschaften“), erscheint als der richtige Schritt.

Zu schade, dass schon die Grundannahme falsch ist.

„Wenn es eine Frau erst mal nach oben geschafft hat“, berichtet die Berliner Psychologin Mechtild Erpenbeck, „neigt sie dazu, sich ihren Raum frauenfrei zu halten.“ Judith Sills, Psychologin und Bestsellerautorin aus Philadelphia, stimmt zu: „Frauen stellen sich immer häufiger gegenseitig ein Bein. Sie solidarisieren sich nicht, sondern versuchen, sich untereinander auf dem Weg nach oben auszuschalten.“ Eine Studie der Unternehmensberatung German Consulting Group unter weiblichen Führungskräften bestätigt, dass sich Frauen auf der Karriereleiter oft gegenseitig im Weg stehen. Drei von vier befragten Managerinnen gaben an, dass sie besonders von Kolleginnen auf derselben Hierarchiestufe auf dem Weg zum Erfolg massiv behindert wurden. [1]

Auch die Psychologen Joyce Benenson und Henry Markovits konnten nachweisen, dass Männer mit hohem Status eher als Frauen mit hohem Status bereit sind, Belohnungen mit ihren Unterstützern zu teilen. Das ermittelten sie in einem ersten Schritt, indem sie 50 nordamerikanische Universitäten daraufhin untersuchten, wer mit wem in den vergangenen Jahren wissenschaftliche Artikel veröffentlicht hatte. Das Resultat: Wenn männliche Akademiker etwas publizierten, taten dies Professoren auch zusammen mit den niedriger gestellten Assistenten. Frauen dagegen kooperierten nur auf der eigenen Ebene.

Das erhärtete den Verdacht von Benenson und Markovits. Sie forschten weiter, indem sie eine Reihe von Experimenten durchführten. Der Kern dieser Versuche sah jeweils so aus, dass ein

Teilnehmer zur einflussreichsten Person einer Gruppe ernannt wurde und dann angeben sollte, wie viel Belohnung er unter den anderen Gruppenmitgliedern unterschiedlicher Positionen verteilen wollte. In allen Experimenten gaben Männer als Chefs mehr an die Gruppe ab, als wenn Frauen die Chefs waren. [2]

Israelische Forscher schließlich warnen attraktive Frauen, die sich für eine Stelle bewerben, davor, ihrem Vorstellungsschreiben an eine Firma auch ein Bewerbungsfoto beizulegen. Tun sie das nämlich, müssen sie damit rechnen, von eifersüchtigen Personalerinnen schon gleich zu Beginn aussortiert zu werden. Zu dieser Erkenntnis gelangten die israelischen Wirtschaftswissenschaftler Bradley Ruffle und Ze’ev Shtudiner von der Ben-Gurion- und der Ariel-Universität, nachdem sie über 5000 Bewerbungsschreiben, von Fotos unterschiedlich attraktiver Studenten und Studentinnen begleitet, an Firmen der verschiedensten Branchen verschickten, die neue Mitarbeiter suchten. (Auf die unterschiedlichen Attraktivitätsgrade hatte sich zuvor ein Expertengremium aus Haarstylisten, PR-Beratern, Bildhauern und Betriebswirten geeinigt.) Die scheinbaren Bewerber hatten alle jeweils das gleiche Geschlecht, identische Qualifikationen und die häufigsten israelischen Nachnamen. Nun zeigte sich: Für attraktive Männer war dieser Versuch deutlich erfolgreicher als für ihre weniger attraktiven Geschlechtsgenossen. Bei Frauen lief es umgekehrt: Je hübscher, desto mehr Absagen. Zudem zeigte sich: Nahmen externe Personaldienstleister die Auswahl der Bewerber vor, wurden hübsche Frauen genauso oft zum Jobinterview eingeladen wie durchschnittlich aussehende. Hatten aber firmeneigene Personalabteilungen zu entscheiden, wurden attraktive Kandidatinnen wesentlich häufiger abgelehnt. Die Forscher hakten daraufhin telefonisch nach, wer für die Bewerberauswahl zuständig war. Und siehe da, die Abteilungen waren fest in weiblicher Hand – 96 Prozent Frauenanteil bei den externen Agenturen, 85 Prozent intern. [3] Auch hier arbeiteten also Frauen in beruflichen Machtpositionen emsig gegen andere Frauen, die ihnen vielleicht einmal gefährlich zu werden drohten.

Vor dem Hintergrund all dieser Dinge ist es wenig überraschend, dass in einer Umfrage im Auftrag der Unternehmensberatung Baumann zwei Drittel der befragten Frauen angaben, lieber für einen Chef als für eine Chefin zu arbeiten. [4] Diese Umfrage wiederum bestätigt eine Gallup-Studie vom Oktober 2014, die herausfand, dass Frauen eher als Männer einen männlichen Chef bevorzugen. Gallup führt diese Studie seit 60 Jahren durch, und noch nie hatten Frauen einen weiblichen Chef vorgezogen. [5] Umfragen anderer Institute waren zuvor zu demselben Ergebnis gelangt, [6] so etwa eine britische Studie im Jahr 2009. [7] Da ist es kein Wunder, dass sich selbst unter den Chefinnen nur 27 Prozent für eine Frauenquote begeistern können, die Mitglieder des weiblichen Geschlechts automatisch in solch eine Führungsposition hievt. [8] Das Gesamtbild bei diesem Thema ergänzt eine Studie, die im Oktober 2016 im Fachmagazin Labour Economics veröffentlicht wurde. Hierfür untersuchten die Forscher anhand von zwei unabhängigen Datensätzen mit insgesamt mehr als 11.000 Beobachtungen die Rolle des Geschlechts des Chefs bei der Arbeitszufriedenheit. Die Analyse umfasste auch viele andere Variablen, wie z.B. Alter und ethnischen Hintergrund des Befragten und eine Vielzahl von Merkmalen des jeweiligen Chefs. In beiden Datensätzen und über alle Variablen hinweg gab es eine anhaltende negative Beziehung zwischen der Arbeitszufriedenheit der Frauen und einem weiblichen Vorgesetzten. Die Männer hingegen zeigten keinen Unterschied in der Arbeitszufriedenheit, egal ob sie einen männlichen oder einen weiblichen Chef hatten. [9]

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[1] Vgl. Siering, Frank: Frauen fahren ihre Krallen aus. In: Handelsblatt vom 10.5.2007. Online unter http://www.handelsblatt.com/karriere/nachrichten/chefetage-frauen-fahren-ihre-krallen-aus/2806828.html.

[2] Vgl. Benenson, Joyce und Markovits, Henry: Rank influences human sex differences in dyadic cooperation. In: Current Biology Vol. 24, Nr. 5/2014, S. 190-191, online unter http://www.cell.com/current-biology/fulltext/S0960-9822(13)01606-0?_returnURL=http%3A%2F%2Flinkinghub.elsevier.com%2Fretrieve%2Fpii%2FS0960982213016060%3Fshowall%3Dtrue sowie Benenson, Joyce und andere: High status males invest more than high status females in lower status same-sex collaborators. Online seit dem 27.9.2017 unter http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0185408 sowie Willie, Joel: Als Chefs sind Frauen offenbar fieser als Männer. In: Die Welt vom 15.10.2017, online unter https://www.welt.de/kmpkt/article169601681/Als-Chefs-sind-Frauen-offenbar-fieser-als-Maenner.html.

[3] Vgl. Töpper, Verena: Schöne Frau, schick besser kein Foto. Online seit dem 10.4.2012 unter http://www.spiegel.de/karriere/diskriminierung-bei-bewerbungsfotos-a-826089.html.

[4] Vgl. N.N.: Frauen arbeiten lieber für einen Mann. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4.11.2014. Online unter http://www.faz.net/aktuell/beruf-chance/arbeitswelt/fuehrungspositionen-frauen-13239813.html

[5] Vgl. Wong, Vanessa und Kitroeff, Natalie: Women Prefer Male Bosses Even More Than Men Do. Online unterhttp://www.businessweek.com/articles/2014-10-16/women-dislike-having-female-bosses-more-than-men-do

[6] Vgl. Griswold, Alison: Women And Republicans Prefer Male Bosses. Online seit dem 13.11.2013 unter http://www.businessinsider.com/women-and-republicans-prefer-male-bosses-2013-11.

[7] Vgl. N.N.: Most women prefer working for men. In: The Telegraph vom 13.8.2009, online unter http://www.telegraph.co.uk/news/uknews/6020123/Most-women-prefer-working-for-men.html.

[8] Vgl. N.N.: Frauen arbeiten lieber für einen Mann. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4.11.2014. Online unter  http://www.faz.net/aktuell/beruf-chance/arbeitswelt/fuehrungspositionen-frauen-13239813.html.

[9] Vgl. Artz, Benjamin und Taengnoi, Sarinda: Do women prefer female bosses? In: Labour Economis Vol. 42, Oktober 2016, S. 194-202, online unter http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0927537116301129 sowie Kilsdonk-Gervais, Nicolas: Research finds that women, but not men, dislike female bosses. Online seit dem 22.9.2016 unter https://nkilsdonkgervais.wordpress.com/2016/09/22/research-finds-that-only-women-dislike-female-bosses.