Lexikon der feministischen Irrtümer

Politisch korrekte Vorurteile und männerfeindliche Mythen auf dem Prüfstand der Wissenschaft

von Arne Hoffmann

„Frauen erleiden mehr Diskriminierung als Männer.“

DIE WAHRHEIT HINTER DEM BELIEBTEN IRRTUM:

Zu den Grundsätzen der Männerrechtsbewegung (Maskulismus) gehört, dass es keine „Opferolympiade“ geben sollte: Jeder Mensch hat das Recht, vor Diskriminierung geschützt zu werden, unabhängig davon, ob seine Gruppe stärker oder schlechter davon betroffen ist. Dessen ungeachtet bleibt die massiv einseitige Berichterstattung der Leitmedien befremdlich – etwa wenn auf Spiegel-Online die Feministin Margarete Stokowski phantasiert, Männer würden überhaupt keine Diskriminierung erfahren. [1]

Der Stand der wissenschaftlichen Forschung ergibt ein komplett anderes Bild. So zeigt eine internationale Studie, die Anfang 2019 veröffentlicht wurde, Benachteiligungen, auf die viele Maskulisten seit Jahrzehnten hinweisen: In 91 Ländern dieser Erde sind Männer stärker benachteiligt als Frauen; in 43 Ländern sieht es anders aus. Deutschland zählt ebenso wie die USA und alle europäischen Staaten außer Italien zu den Ländern, in denen sich die Waagschale zu Lasten von Männern neigt.

Die Studie, die von der Universität Essex und der Universität Missouri-Columbia durchgeführt wurde, benutzt einen Maßstab, der als Global Gender Gap Index bezeichnet und von Akademikern und Politikern seit 2006 weltweit verwendet wird, um Ungleichheit zu analysieren. Schlappe 18 Jahre, nachdem ich in meinem Buch „Sind Frauen bessere Menschen?“ darauf hingewiesen hatte, merkten auch diese Forscher, dass der bisher verwendete Maßstab einseitig gewichtete und dass er Aspekte, bei denen Männer benachteiligt waren, überging. Darüber hinaus erfasste er nicht, welche Formen der Ungleichheit durch Diskriminierung verursacht wurden und welche lediglich durch persönliche Lebensentscheidungen von Frauen und Männern. Der neue Maßstab erfasst auch jene Faktoren der Benachteiligung, auf die Männerrechtler seit Jahrzehnten hinweisen, wobei sie aber von Feministinnen, Politik und Medien ignoriert werden: also etwa härtere Bestrafung für dasselbe Verbrechen, staatlich verordnete Zwangsdienste und die höhere Zahl von Menschen, die durch ihren Beruf zu Tode kommen.

„Wir sagen nicht, dass Frauen in hoch entwickelten Ländern in einigen Bereichen ihres Lebens keine Nachteile haben“, erklärt Psychologieprofessor Gijsbert Stoet, einer der Leiter dieser Studie. Wenn man jedoch die Nachteile betrachte, die beide Geschlechter erleiden, erhalte man „ein anderes Bild als das, das in den Medien üblich ist“. [2]

Sicherlich bietet auch diese neue Gewichtung viel Raum für Diskussionen. Dessen ungeachtet durchkreuzt sie einen Jahrzehnte andauernden schweren Missstand: allein die Benachteiligungen von Frauen in den Blick zu nehmen und aus der eigenen Parteilichkeit schlussfolgern, dass in unserer Gesellschaft vor allem Frauen benachteiligt seien. „Es könnte ja schon hilfreich sein“, kommentiert Sebastian Hermann den neuen Bericht in der Süddeutschen Zeitung, „wenn ein Gedanke in die so polarisierende Geschlechterdebatte einsickert: Männer leben keinesfalls überall im Schlaraffenland, wo sie täglich Wunschkonzerten lauschen.“ [3]

Schlagwörter wie „männliche Privilegien“ und „Patriarchat“ erweisen sich so als weltfremde und irreführende Polemik.

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[1] Vgl. Stokowski, Margarete: Die Krux mit der Diskriminierung. Weiße und Männer können alles haben, aber das nicht. Online seit dem 6.11.2018 unter http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/warum-es-keinen-sexismus-gegen-maenner-oder-rassismus-gegen-weisse-gibt-a-1236954.html.

[2] Vgl. Stoet, Gijsbert und Geary, David: A simplified approach to measuring national gender inequality, online seit dem 3.1.2019 unter https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0205349; Pinkstone, Joe: Men ‚face MORE discrimination than women‘: Global study claims males receive the raw end of the deal with harsher punishments for the same crime, compulsory military service and more deaths at work. In: Daily Mail vom 7.1.2019, online unter https://www.dailymail.co.uk/sciencetech/article-6564767/Men-face-discrimination-women.html sowie Hamill, Jasper: Men are more disadvantaged than women in the UK, US and most of Europe, scientists claim. In: Metro vom 4.1.2019, online unter https://metro.co.uk/2019/01/04/men-disadvantaged-women-uk-us-europe-scientists-claim-8309361.

[3] Vgl. Herrmann, Sebastian: Wo Männer leiden. In: Süddeutsche Zeitung vom 9.1.2019, online unter https://www.sueddeutsche.de/wissen/index-gleichberechtigung-geschlechter-1.4279237.